
Ein bisschen Sonne im Frühling ist ein wundervolles Elixier. Die Straßen füllen sich, überall ist Leben, alle Menschen wollen raus, sich bewegen, sich begegnen, dabei sein, aktiv sein.
Neulich waren wir an einem dieser Sonnentage in Hamburg in der Speicherstadt und haben seit langem mal wieder so richtig wahrgenommen, weshalb es „pulsierende“ Stadt heißt. Wir haben ja einen „neuen“ Hund, den wir noch nicht so gut kennen und er ist sehr geräuschempfindlich und wird nervös, sobald es lauter wird. Dadurch achten wir besonders auf die Töne um uns herum. Und der Sound einer Stadt an so einem schönen Sonnentag ist etwas ganz Besonderes, wie Musik für Großstadtfans (möglicherweise ein bisschen Metal-Richtung), auf jeden Fall eine Sinfonie der Geräusche.

Zunächst einmal gibt es das Grundrauschen durch den normalen Straßenverkehr, das nur durch die Ampeln in der Lautstärke variiert. Endlich haben Motorradfahrer wieder die Gelegenheit, lautstark die PS-Stärke ihrer Maschinen zu demonstrieren. Man muss das herrlich sein, die an der Ampel in Scharen wartenden Fußgänger mit ohrenbetäubenden Sound beim Anfahren zu beglücken. Man sieht es unter den Helmen nicht, aber ich vermute, dass sie viel Spaß haben. Genauso wie die daneben wartenden Cabriofahrer, die endlich wieder „oben ohne“ durch die Stadt kutschieren können. Das gleiche gilt für die roten Touris-Busse. Und die Kettcars, die in der Kolonne auf Stadtrundfahrt unterwegs sind. Gut, dass einigen Organisatoren immer wieder neue Ideen zur Unterhaltung des Städters haben. Spielende Kinder habe ich bis jetzt keine gesehen, nur „Große“;-)
Auch einige Fans alter Vespas nutzten die Gelegenheit, ihre Fahrzeuge mit dem typischen Geknatter auszuführen. Und da: ein Elektroauto. Das muss ja auch ein lustiges Gefühl sein in dem leisen Auto zu sitzen, wenn es rundherum vibriert.
Von Hinten rückt das sehr dominante Signal des Martinhorns heran und ist ebenso schnell verschwunden.

In Hamburg darf natürlich das beruhigende Getucker einiger Hafenschiffe begleitet vom Möwenkreischen und dem leisen Geplätscher der Wellen nicht fehlen. Mir war gar nicht klar, dass man die Möwen in Hamburg so wahr nimmt. Der Hund kläfft jedenfalls mit panisch aufgerissenen Augen, den Schwanz eingezogen, sehr wahrscheinlich kennt er diese herrschaftlichen Geräusche noch nicht. Für ihn ist es eindeutig zu laut, auch wenn mich die Geräusche-Welle angenehm einlullt und mit einem Großstadtgefühl beglückt. Also gehen wir weiter. Ein Blick nach links in den Fußgängerbereich: hier üben ein paar Segwayfahrer Slalom fahren. Weniger laut, nur das Hin- und Herfahren ist für unseren Hund irritierend. Schade, ich finde es ganz spannend hier zuzuschauen. Ganz so einfach ist Kurvenfahren wohl doch nicht.
Und was entdecke ich dort drüben: Quads, das gibt es doch nicht. Ich dachte, die gibt es nur bei uns auf dem Land.
Also weiter! Irgendwo muss es doch etwas ruhiger sein. Ich versuche es an einem der kleinen Wasserarme. Hier hinter der Uni für Architektur im Schatten ist es tatsächlich ruhig. Plötzlich legt der Hund sich entspannt auf die Erde, naja, der Kopf geht noch hektisch hin und her, Augen und Ohren sind also auf Empfang, aber das Herz schlägt ruhiger und die Zunge hängt bald nicht mehr vor lauter Erschöpfung heraus.

Zwei Jugendliche sitzen auf einer Bank in der Sonne kurz vor uns, plötzlich fangen sie an zu rangeln und schreien, natürlich aus Spaß, was dem Hund aber nicht klar ist. Sofort ist er sprungbereit und zieht wieder hektisch an der Leine um zu ihnen zu gelangen. Als die Jungs das Gebell bemerken, hören sie sofort auf zu raufen, ohne das ich etwas gesagt haben. Wie verständnisvoll!
Eine junge Frau mit Kopfhörern geht an uns vorbei, Barney schaute ihr gelassen hinterher. Hier haben wir also endlich unser ruhiges Plätzchen gefunden.
Von hier aus können wir auf die darunterliegende Promenade in der Sonne gucken und viele kleine Episoden verfolgen: drei Freundinnen, die die Köpfe zusammenstecken und lachen , eine Frau auf der Bank liest ein Buch, ein Kinderwagen wird vorbei geschoben, das Pärchen diskutiert angestrengt, eine Gruppe älterer Menschen, die distanziert nebeneinander her gehen schweigt, während ein älteres Pärchen Hand in Hand vorbeischlendert und leise redet. Ein junges Paar steht eng umschlungen am Geländer des Fleet, ein Mann genießt beim Spazierengehen sein Eis, während wiederum andere joggend ihre „Eissünden“ ablaufen. Es wird fotografiert, in der Ferne sogar gesungen, die Sonne angebetet und ach ja, die Menschen mit ihren Mobilfonen….

Und wenn der Straßenverkehr kurz nachlässt hört man das entfernte Brummen der Motorsportflugzeuge. Denn auch sie wollen an diesem herrlichen Tag dabei sein.

Total gestresst flüchten wir in unser Wohnmobil. Schatten! Ruhe! Welche Freude! Doch leider währt die Ferude nicht lange: Der Hund springt entsetzt auf, direkt auf die Polster (daran müssen wir noch arbeiten) und guckt aus dem Fenster.

Skateboarder finden diese Ecke ideal, um das Springen über die orangefarbenen Absperrungen zu über: immer wieder das monotone Surren der Rollen, eine winzige Moment Ruhe, dann das Aufschlagen des Skateboardts samt Fahrer auf den Pflastersteinen, ein charakteristisches lautes Geräusch, dann noch Ausrollen und mit den Freunden Abklatschen. Der Nächste ist an der der Reihe: Rollen, Ruhe, Aufschlagen, Rollen, Abklatschen etc. Der Hund bellt und ist nicht zu bruhigen. Super! Nein, nicht super! Wir brauchen eine Lösung!

Wir gehen also wieder los und entdecken ein abgesperrtes Gelände. Vielleicht wird es hier etwas ruhiger. Naja, von hinten naht ein mir sehr bekanntes Geräusch: Der Zug fährt vorbei. Klar, die Hafencity liegt in der Nähe des Bahnhofs!
Als nächstes suchen wir eine Bank direkt am Wasser in der Sonne, direkt am Spazierweg. Ein wirklich toller Erholungsplatz. Hier ist viel los, hier gibt es viel zu beobachten. Das steigert allerdings wieder den Stresspegel unseres Hundes.

Es gibt nur eine Lösung, ab nach Hause aufs Land. Hamburg ist eine pulsierende Stadt, hier sucht niemand Ruhe. Hier muss man sich auch keine Geschichten ausdenken, hier erlebt am sie. Man muss nur hingucken. Und Hamburg ist so vielseitig, so interessant und so schön und wir müssen noch viel lernen.
Wir werden wiederkommen, immer mal wieder für eine kurze Zeit bis auch Barney sich an ein bisschen Großstadtleben gewöhnt hat!